Die APC-Ladedruckregelung beim Saab 900 Turbo

von Gerd Barttenbach

Das gelbe Turbinenrad erzeugt Ladedruck (hellgrün), der vom APC-Ventil bei Erreichen eines zu hohen Wertes durch Düse A abgeregelt wird. ( L und M sind ständig geöffnet ) Öffnen der Ventildüse A bedeutet: Das Wastgate bleibt geschlossen und der Ladedruck steigt.

Schliessen der Ventildüse A bedeutet: Der Druck in der Membran steigt mit an und drückt die justierbare, federrückstellende Gewindestange nach unten, öffnet das blau gezeichnete Wastegate und der Ladedruck sinkt. ( Mit dieser Gewindestange wird auch der Grundladedruck eingestellt – verkürzen erhöht, verlängern erniedrigt ihn - ) Das APC-Steuergerät bestimmt das erforderliche Verhältnis von Öffnen - und –Schliesszeiten (es taktet) und regelt dadurch den für den Motor "bekömmlichsten" Ladedruck ein. - Wer nun glaubt, durch "besondere Manipulationen" am APC-Ventil oder Steuergerät den Ladedruck beliebig erhöhen zu können, der wird durch einen Motorexitus bald eines Besseren belehrt ! ( Bei zu hohem Ladedruck platzt der Motor ganz einfach ! )


 Schnelltest des APC-Steuergerätes (APC-Box):

Häufig ist der Vielfachstecker von der APC-Box (Steuergerät) gerutscht oder steckt nicht richtig drauf, DAS WÜRDE ICH ZUERST PRÜFEN !
Mit nachfolgendem Test kann man herausfinden, ob ein Steuergerät in beiden Endfunktionen, (voll laden und voll abregeln), arbeitet.
Falls es dieses tut, ist die Wahrscheinlichkeit, dass es einen Defekt beim Zwischenregeln (Takten) hat, relativ gering.

Man schaltet dem APC-Ventil ein kleines 12 Volt Birnchen parallel. Das Birnchen hab ich provisorisch mit Klebeband im Blickfeld auf dem Armaturenbrett befestigt und ein dünnes Doppelkabel durch die Spritzwand (Gummitüllendurchführung suchen) seitlich im Motorraum bis zum APC-Ventil geführt und dort die beiden blanken Kabelenden mit den beiden Pins oben am APC-Stecker verbunden. ( einfach provisorisch zusätzlich von hinten in den Plastikstecker schieben, Polung ist in dem Fall egal) Jetzt kann ich während der Fahrt bequem beobachten, wie das Birnchen brennt und dadurch das Wastegate über das APC-Ventil angesteuert bzw. betätigt, oder evtl. das Birnchen nicht brennt und dadurch das APC-Ventil samt Wastegatel nicht angesteuert bzw. nicht betätigt wird usw...

Die verschiedenen, RICHTIGEN Soll-Ansteuerzustände sind:

1. Beim Anfahren und Beschleunigen:
Birnchen brennt dauer =
Öffnung A am APC-Ventil ist dauergeöffnet, der von der gelben Ansaug-Laderturbine erzeugte, über L ankommende Druck wird nicht in die Betätigungs-Membran des Wastegates (Absteuerventil im Turbolader) gedrückt, sondern über A abgeleitet, dadurch bleibt das Wastegate durch die Rückstellkraft der Membranfeder geschlossen, der vom roten Turbinenrad erzeugte Ladedruck wird NICHT abgeleitet und würde endlos steigen.

2. Kurz vor Erreichen der Endgeschwindigkeit:
Birnchen geht abwechselnd an und aus (blinkt) =
Es wird getaktet wie bei Opas Morsetaste, d.h. je nach Kommando vom Steuergerät wird die Einschaltdauer verändert und dadurch mal abgesteuert, mal nicht abgesteuert; d.h. das Steuergerät bestimmt das Verhältnis von Pausen zu Einschaltzeiten.

3. Endgeschwindigkeit erreicht:
Birnchen geht aus, d.h. das APC-Ventil ist stromlos (identisch mit failsafe) =
Dadurch bleibt Öffnung A am APC-Ventil geschlossen, der volle, zulässige Ladedruck ist erreicht, der über L einströmende Druck strömt über Öffnung M zur Membran (da er über A nicht entweichen kann) und wirkt der Rückstellkraft der Membranfeder voll entgegen, (d.h. er hebt sie auf), das rein mechanische Wastegateventil bleibt über die justierbare Gewindestange geöffnet, der Ladedruck wird dadurch abgeregelt und das Spiel beginnt wieder von vorn...
Wenn das Prüfbirnchen während des Beschleunigungsvorganges nicht brennt oder taktet, erhält das APC-Ventil KEIN Signal, man fährt dann nur mit Grundladedruck und das Steuergerät ist vermutlich defekt oder stromlos.
Sinnigerweise haben die Konstrukteure das APC-Ventil failsave-geschaltet, d.h. bei Stromunterbrechung oder Defekt des Steuergerätes (also keine anliegende 12 Voltspannung ), befindet sich das Ventil wie ein Relais in Ruhestellung, in welcher voll abgeregelt wird, sprich es herrscht nur Grundladedruck; dadurch besteht NICHT die Gefahr der Überladung. -
Sollte jemand auf die Idee kommen, am APC-Ventil Dauerplus anzulegen (übrigens der törichste aller Tuningversuche ;-) ), dann würde dauergeladen bis der Motor platzt bzw. hoffentlich vorher der Druckwächter (Fuelcut) die Benzinpumpe abschaltet...


Hardwaretests:
Das rein mechanische APC-Ventil kann man folgendermassen ohne Ausbau prüfen:

1. Kabelstecker oben am APC-Ventil abziehen

2. Am Ansaugkrümmer den in Fahrtrichtung linken der drei Schläuchen, welcher zum Nippel A„ am APC-Ventil führt, abziehen und kräftig mit dem Mund hineinzublasen versuchen. Da in stromlosem Zustand Öffnung A„ geschlossen sein muss, darf man NICHT durchblasen können !

3. Die bei abgezognem Kabelstecker oben am APC-Ventil sichtbaren zwei Pins mittels 2 Hilfskabel mit beiden Batteriepolen verbinden (Polung egal), dabei muss ein helles Klick„ hörbar werden und man muss nun frei durchblasen können, da Öffnung A„ am APC-Ventil durch 12Volt-Stromanlegen öffnet.

Das war's, mehr hat ein intaktes, mechanisches APC-Ventil verbindlich NICHT zu tun, alle anderen Öffnungen. also L und M, bleiben ständig dauergeöffnet. Viel Spass beim Prüfen

PS: Tests für restliche Hardware wie z.B. Wastegate+Ventilsitz am Ladergehäuse, Membrandose+deren Rückstellfeder, justierbare Gewindestange, Laderschläuche usw. sind in Vorbereitung. Testamentarisch verfüge ich schonmal, dass bei meinem evtl. vorzeitigen Ableben Schmidts Kater, alias Uwe K. in München, mein Werk bitte vollenden möge. ;-))

Bei Turbo-Modellen vor ca. Bj. 1983 wurde der erzeugte Ladedruck DIREKT, (also ohne elektronische APC-Abregelung usw.) in die Absteuermembran zwecks Öffnung des Absteuerventils (wastegate) geleitet. Das kann man übrigens, falls die APC-Elektronik defekt ist, auch nachträglich machen: Man zieht einfach Schlauch L vom Nippel ab und steckt ihn DIREKT unter Umgehung des APC-Ventils auf die Absteuermembran. Durch Verkürzen der Verbindungs-Gewindestange zwischen Membran und Wastegatehebel erhöht man den Grundladedruck so lange, bis er an der Grenzlinie orange/rot der Ladedruckanzeige im Armaturenbrett jetzt REIN MECHANISCH abgeregelt wird.

( langsam vortasten, also immer nur um etwa zwei Gewindestangen-Umdrehungen verkürzen und dann durch probefahren testen.) Vorsicht, nicht über rot hinaus einstellen, sonst... - (Dies ist nur ein Tipp von mir für den Notfall, falls mal das Steuergerät den Geist aufgibt und man trotzdem Ladedruck haben möchte.)

Hilfe: Eventl. Unklarheiten zum APC-System beseitigt gerne (aber bitte keine Anleitungen zur Ladedruckerhöhung !)

"homo Saabiens" Gerd Barttenbach Tel. 09443/700650 oder Email Gerd.Barttenbach "ät" web.de

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